Die Genauigkeit von lokalen Wettermessungen im Vergleich zu interpolierten Daten des Deutschen Wetterdienstes: Ergebnisse und Schlussfolgerungen für die Praxis
Bild: Konnemann
Ziel der Untersuchung
Im Rahmen der Feldversuche zur Fungizidterminierung im Experimentierfeld FarmerSpace wurden die Prognoseergebnisse für das Risiko des Auftretens von Blattkrankheiten in Winterweizen anhand von interpoliertem Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und der Aufzeichnung lokaler Wetterstationen verglichen. In den Versuchen konnte kein Vorteil der Prognose basierend auf lokalen Messdaten nachgewiesen werden. Durch die Verteilung der Feldversuchsstandorte waren Rückschlüsse auf einen potenziellen Zusammenhang zu der Entfernung zur nächsten DWD-Wetterstation nicht möglich.
Daher wurde versucht in einem Folgeversuch zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen:
1. Wie hoch ist die Abweichung zwischen den lokal erfassten Messwerten (Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag) der Sensoren innerhalb eines Versuchsstandortes?
2. Ist der Zusammenhang zwischen lokal erfassten Wetterparametern und interpolierten Messungen des DWD durch die Distanz zur nächsten DWD-Wetterstation beeinflusst?
Material und Methoden
Für die Messkampagne zwischen zwei DWD-Wetterstationen wurden die DWD-Standorte Göttingen und Leinefelde in Zusammenarbeit mit dem DWD mit der projekteigenen Sensorik ausgerüstet. Zudem konnten drei Standorte entlang der 27 km langen Luftlinie zwischen Göttingen und Leinefelde in Gelliehausen, Weissenborn und Steinbach in Zusammenarbeit mit ansässigen Landwirten bestückt werden. Der Raum zwischen Göttingen und Leinefelde ist von einer abwechslungsreichen Kulturlandschaft mit Feldern, Wäldern und Ortschaften sowie einem ausgeprägten Relief mit circa 250 m Höhendifferenz geprägt (Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Karte zeigt die Standorte der installierten Sensorik zwischen Göttingen und Leinefelde. Auf den Fotos ist die jeweilige Installation der Sensorik zu sehen. Der Graph beschreibt das Höhenprofil basierend auf dem DGM1. Die farbliche Kodierung spiegelt die vorherrschende Vegetation bzw. Bebauung entlang der Linie wider. Abbildung: Lohrberg, Fotos: Hunze und Konnemann
Die eingesetzte Sensorik umfasste den ClimaviOne LTE (Baujahr 2023) der Agvolution GmbH, erweitert mit einem Regenmesser basierend auf einem Pluviometer der Firma Davis Instruments. Erfasst wurden die Parameter Lufttemperatur in Grad Celsius (Messgenauigkeit ±0,5°C), die relative Luftfeuchte in Prozent (Messgenauigkeit ±3 %) und der Niederschlag in Millimeter pro Stunde (Messgenauigkeit ± 5%). An jedem Standort wurden drei Sensoren in einem Abstand von jeweils 2 m zueinander aufgestellt. Gemessen wurde auf der Höhe von 2 m (Abbildung 1).
Die Rohdaten der lokalen Wettersensorik wurden durch die Agvolution GmbH exportiert und in R auf den bewertbaren Untersuchungszeitraum vom 26.04.2024 bis 22.07.2024 zugeschnitten. Anschließend wurden die Messbeobachtungen auf ganze Stunden abgerundet und fehlende Stundenwerte mit NA (nicht verfügbar) ergänzt. Die Mittelwert- bzw. Summenbildung pro Standort und Parameter erfolgte ausschließlich, wenn alle installierten Sensoren einen Wert gesendet hatten. Anschließend wurde die Differenz der Einzelbeobachtungen vom jeweiligen Standortmittel gebildet. Beim Parameter Niederschlag wurden Beobachtungen mit Stundenmittelwerten von Null ausgeschlossen, um den Datensatz auf relevante Messzeitpunkte (Niederschlagsereignisse) zu reduzieren. Der Datenabruf der interpolierten DWD-Messungen auf Stundenbasis erfolgte basierend auf den Raster-IDs der gewählten Versuchsstandorte über die ISIP.
Ergebnisse und Diskussion:
Abweichung der Sensorik innerhalb eines Standortes
Für die Beschreibung der Abweichung der Sensorik vom Mittelwert innerhalb eines Standortes konnte eine große Zahl an Messbeobachtungen gesammelt werden (Abbildung 2). Die Spannweite der Abweichungen der stündlichen Einzelmessungen im Vergleich zum stündlichen Standortmittel variiert in Abhängigkeit der betrachteten Parameter Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag. Beim Parameter Temperatur liegen fast alle Mediane der Abweichungen bei null und die Verteilung ähnelt einer Normalverteilung mit maximalen Abweichungen von ±2,5 °C. Lediglich in Leinefelde zeigt sich eine größere Diskrepanz der Messungen der Sensoren 23_014 und 23_012, was sich in einer rechts- bzw. linkssteilen Verteilung widerspiegelt.
Für den Parameter Luftfeuchtigkeit zeigt sich im Vergleich zur Temperatur eine größere Spannweite der Abweichungen vom Mittelwert von bis zu 5 %. Die Verteilungen sind flacher und vermehrt rechts- bzw. linksschief. Besonders viele Abweichungen zeigen die Sensoren 23_015 in Göttingen und 23_006 in Steinbach mit einem Median von ±0,75 %.
Beim Parameter Niederschlag zeigt sich anhand der steilen Verteilungen der größte Anteil an mit dem Mittelwert übereinstimmenden Messungen. Eine geringe Anzahl von Messungen mit Abweichungen von bis zu 5 mm, zu erkennen am Rauschen in den Randbereichen der Verteilungen, ist zu beobachten.
Abbildung 2: Häufigkeiten der Abweichungen der Sensorwerte für Lufttemperatur, relative Luftfeuchte und Niederschlag vom gemessenen Standortmittel auf Stundenbasis. Die vertikalen Linien entsprechen dem Median. Abbildung: Konnemann
Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine gute Übereinstimmung der Messwerte innerhalb eines Versuchsstandortes und bestätigen damit die Zuverlässigkeit der eingesetzten Sensortechnik. Die Beobachtung größerer Abweichungen bei der relativen Luftfeuchtigkeit lässt sich mit der vom Hersteller des Sensors angegebenen Messgenauigkeit von ±3 % im Vergleich zu ±0,5 °C für die Lufttemperatur erklären. Als groß sind die teilweise auftretenden Abweichungen bei der Messung des Niederschlages zu bewerten. Eine vergleichende Darstellung der Abweichung eines Sensors vom Standortmittel zeigt eine Zunahme der Abweichung mit zunehmendem Niederschlag pro Stunde (Abbildung 3). Es wird deutlich, dass einige Sensoren fälschlicherweise gar keinen Niederschlag messen (graue Linie). Zudem nimmt die Höhe der Abweichungen mit zunehmender Intensität des Niederschlagevents auf bis zu 7 mm zu. Es ist zu vermuten, dass die Kippmechanik der Regenmesser zeitweise durch externe Einwirkung verstopft oder bei besonders starken Niederschlagsmengen überlastet war. Dies zeigt einmal mehr die Notwendigkeit einer regelmäßigen Wartung beim Einsatz lokaler Wetterstationen im landwirtschaftlichen Kontext.
Abbildung 3: Abweichung des pro Sensor gemessenen stündlichen Niederschlags im Vergleich zum Stundenmittelwert pro Standort. Abbildung: Konnemann
Einfluss der Distanz zur DWD-Wetterstation auf den Zusammenhang von lokal erfassten und interpolierten Wetterparametern
Im Versuch wurden die Parameter Lufttemperatur, relative Luftfeuchte und Niederschlag an fünf Standorten zwischen den DWD Wetterstationen in Göttingen und Leinefelde über einen Zeitraum vom 26.04.2024 bis 23.07.2024 als stündliche Mittelwerte von drei lokalen Wetterstationen erfasst. Für Lufttemperatur und relative Luftfeuchte zeigt sich über alle Standorte hinweg eine sehr hohe Korrelation mit den interpolierten Werten aus dem DWD-Netz (Abbildung 4). Ausreißer sind nur in geringer Zahl vorhanden. Bei der Lufttemperatur lassen sich mit steigender Temperatur tendenziell geringere Werte bei lokaler Messung beobachten (vgl. Steigung Regressionsgleichungen). Bei der relativen Luftfeuchte werden lokal tendenziell über die gesamte Wertspanne geringere Werte gemessen (vgl. Intercept und Steigung der Regressionsgleichungen). Die Korrelation nach Pearson zeigt für beide Parameter einen hohen positiven Zusammenhang (r ≥ 0,89). Die Werte für relative Luftfeuchte zeigen eine größere Streuung. Beim Niederschlag zeigen sich große Differenzen zwischen den lokal erfassten und von der DWD errechneten Mengen pro Stunde. Die Korrelation nach Pearson zeigt mittlere positive Zusammenhänge (0,34 ≤ r ≤ 0,74). Insbesondere bei größeren Niederschlagsereignissen zeigen sich deutliche Abweichungen bis hin zu einer ausschließlichen Messung durch einen der beiden Vergleichspartner. Eine Abhängigkeit der Übereinstimmung der Messparamter von der Entfernung zu den Wetterstationen in Göttingen und Leinefelde kann anhand der Daten nicht belegt werden.
Abbildung 4: Zusammenhänge von Lufttemperatur, relativer Luftfeuchte und Niederschlag als Stundenmittel zwischen lokalen Wetterstationen und den interpolierten Werten aus dem DWD-Netz in Abhängigkeit von der Entfernung zu den DWD -Stationen in Göttingen und Leinefelde mit einer Gesamtdistanz von circa 27 km. Abbildung: Konnemann
Die Ergebnisse zeigen, dass lokal gemessene Werte für Lufttemperatur und relative Luftfeuchte, trotz der heterogenen Landschaft zwischen Leinefelde und Göttingen, sehr genau mit den interpolierten Werten des DWD übereinstimmen. Die lokale Erfassung dieser Parameter bietet somit kaum einen Mehrwert für landwirtschaftliche Managemententscheidungen, wenn diese auf Lufttemperatur oder relativer Luftfeuchte basieren. Für Niederschlag zeigt sich ein deutlich schlechterer Zusammenhang. Einerseits könnte dies mit der Berechnung des Niederschlags durch den DWD anhand von Radar-Daten zusammenhängen. Das ausgeprägte Relief der Landschaft könnte zu lokalen Abweichungen der tatsächlichen Niederschlagsmenge von den Radar-Daten geführt haben. Die große Streuung der Sensorwerte für Niederschlag innerhalb eines Standortes (siehe vorheriges Kapitel) legt andererseits aber auch die Vermutung nahe, dass es auf der Seite der lokalen Sensortechnik Messfehler gibt. Eine abschließende Bewertung ist im Rahmen dieses Versuchs nicht möglich. Der Versuch lässt keine Schlussfolgerung zu, dass der Zusammenhang zwischen lokal erfassten Wetterparametern und interpolierten Messungen der DWD durch die Distanz zur nächsten DWD-Wetterstation beeinflusst ist. In diesem V ersuch wurde stellvertretend für interpoliertes W etter auf Daten vom Deutschen Wetterdienst zurückgegriffen. Ein Vergleich unterschiedlicher interpolierter Wetterdaten untereinander, sowie mit lokal erfassten Daten wäre wünschenswert, übersteigt aber den Fokus und die Zielsetzung dieses Projektes.
Fazit
Zum treffen landwirtschaftlicher Managemententscheidungen werden oft schlagspezifische Wetterdaten benötigt. Wenn keine Wetterstationsdaten vorhanden sind werden hier üblicherweise interpolierte Daten verwendet. Dieses Vorgehen erscheint in Anbetracht der präsentierten Ergebnisse als ökonomisch sinnvoll. Insbesondere bei der Erfassung von Niederschlägen durch eigene Wetterstationen sollte darauf geachtet werden, dass ihre Messgenauigkeit bei Starkniederschlagsereignissen abnimmt und eine regelmäßige Wartung essenziell ist.
Autoren:
Steffen Konnemann, Eike Hunze, Niklas Lohrberg, Frank Beneke
(Abteilung Agrartechnik Universität Göttingen)
Friedrich Bartels (Landwirtschaftskammer Niedersachsen)
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Kontakt - Steffen Konnemann: steffen.konnemann@uni-goettingen.de